Pablo Perez und Maxwell Minckler sind führende Forscher bei Google mit zusammen 30 Jahren Erfahrung. Ihre jüngste Studie untersucht, wie Marketer in Europa, dem Nahen Osten und Afrika KI einsetzen.
Du bist nicht allein.
Unzählige Menschen fühlen sich genau wie du unter Druck gesetzt, KI in ihrer Arbeit zu nutzen. Aber sie sind unsicher, wie sie den nächsten Schritt machen sollen. Wir sprechen oft mit Leuten, die zugeben, dass sie noch nicht ganz herausgefunden haben, wie sie KI nutzen können. Und glauben, dass ihre Kolleg*innen und Wettbewerber*innen es einfach „verstanden“ haben.
Hier ist die harte Wahrheit: Ja, manche Leute haben es „verstanden“. Aber die meisten sind noch dabei, es herauszufinden.
Gerade einmal einer von fünf Marketern gilt als führend im Bereich KI. Diese 20 Prozent zeichnet aus, dass sie mit Hilfe von KI Entscheidungen treffen sowie Arbeitsabläufe automatisieren und miteinander vernetzen.
Wir haben dieses Jahr eine neue Studie abgeschlossen, die genau die Denkweise aufzeigt, die du für deinen KI-gestützten Erfolg benötigst.
Um ein besseres Verständnis für das Verhalten und die Diskussionen rund um KI zu bekommen, haben wir Einzelinterviews mit Marketingexpert*innen aus ganz Europa geführt. Dabei durften wir auch ihre internen E-Mails, Pitch-Materialien, Besprechungsagenden und Präsentationen einsehen. Beteiligt waren Sprachexpert*innen und Unternehmensstrateg*innen, die 3.000 Stunden Analyse durchgeführt und 2.500 Seiten an Interviewtranskripten überprüft haben.
Mit unserer Analyse haben wir drei verschiedene Denkweisen bei der KI-Einführung unter Marketern entdeckt. Aber nur eine von ihnen treibt den Fortschritt wirklich voran. Werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Mindsets.
1. Fear of Missing Out (FOMO)
Als Menschen verspüren wir den Drang, bei Aktivitäten dabei zu sein, an denen alle teilnehmen – insbesondere wenn sie neu und beliebt sind.
Marketer mit einer FOMO-Einstellung sind zwar bestrebt, mit KI schnell voranzukommen, oft fehlt ihnen jedoch eine klare Strategie.
Wir haben diese FOMO-Einstellung vor allem entdeckt, wenn häufig von Verpflichtung, Dringlichkeit und Überleben die Rede war. Oft intern verwendete Wörter waren „müssen“, „jetzt handeln“, „unerlässlich“, „entscheidend“, „zurückbleiben“.
2. Fear of Messing Up (FOMU)
Die zweite Denkweise weist eine interne Sprache auf, die Risikovermeidung in den Vordergrund stellt. Das ist zwar ein natürliches Gefühl, kann aber auch übertrieben werden.
Typische Wörter, die hier immer wieder verwendet wurden, waren: „Risiko“, „Kontrolle“, „Absicherung“, „Vorsicht“, „Fehler“.
Dieses zweite Mindset ermutigt die Menschen, bei dem zu bleiben, was sie kennen. Und den Einsatz von KI mit Vorsicht zu bewerten, ohne jemals voranzukommen und sie umzusetzen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen probiert ein KI-Pilotprojekt aus – scheut sich aber, es in der gesamten Organisation zu skalieren.
Einige Unternehmen stecken in einem „Tauziehen“ zwischen FOMO und FOMU fest. Sie haben auf der einen Seite den Drang, mit KI schnell voranzukommen, werden aber auf der anderen Seite angehalten, beim Altbewährten zu bleiben. Das hält sie in einer Schleife mit wenig Fortschritt gefangen.
3. Das Erfolgs-Mindset: Focus on Maximising Advantages (FOMA)
Dies ist das Erfolgs-Mindset, das Top-Marketer und Organisationen antreibt.
Ist dir aufgefallen, dass das Wort „Angst“ in diesem Akronym nicht enthalten ist?
Marketer mit einem Fokus auf die Maximierung von Vorteilen sehen KI als eine Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben und durch Innovation Werte zu schaffen. Sie gehen dabei kalkulierte Risiken ein und treffen fundierte strategische Entscheidungen. Diese Organisationen verfolgen typischerweise einen proaktiven statt eines reaktiven Ansatzes.
Die interne Sprache von FOMA ist ein Vokabular der Partnerschaft, das sich auf gemeinsame Vorteile, Zusammenarbeit und Ermutigung mit Hilfe von KI bezieht. Häufige Wörter, die in der Analyse gefunden wurden, waren: „erweitern“, „zusammenarbeiten“, „transformieren“, „Vision“, „Chancen“, „Begeisterung“.
Diese Denkweise durchdringt die Organisation durch Gespräche und Handlungen. Im Laufe der Zeit bildet sich eine ausgeprägte organisatorische Denkweise und schafft eine Akzeptanz sowie Begeisterung für KI – die auch durch die Narrative der Führungskräfte verstärkt wird.
Wie Marketer FOMA annehmen
Unsere Forschung hat mehrere Beispiele von KI-führenden Organisationen aufgedeckt, die diese Erfolgsdenkweise zeigen. Zum Beispiel:
Statt von Teams zu verlangen, sich über Nacht komplett zu verändern, versuchen führende Marketer, KI als Partner zu nutzen. Eine leitende Produktmanagerin bei einem französischen Kosmetikunternehmen erzählte uns, dass diese Denkweise bahnbrechend war:
„Ich fühle mich gestärkt und KI macht mir Hoffnung. Ich habe die Möglichkeit, über meine Fähigkeiten hinauszugehen und mich auf eine Weise auszudrücken, die ich vorher nicht konnte.“
Statt auf das „perfekte“ Training zu warten, sind führende Marketer motiviert, durch praktisches Ausprobieren zu lernen. Ein leitender Marketing-Operations-Manager bei einem Softwareunternehmen in Deutschland erklärt, wie wirkungsvoll das sein kann:
„Mein Chef ist unglaublich offen für den Einsatz von KI, weil er den Wert kennt, sie richtig einzusetzen. Er ermutigt uns sehr und wir machen einfach weiter.“
Statt sich über einen vollständigen Umbruch Sorgen zu machen, der die Arbeitsweise von Marketern erheblich beeinflusst, gehen führende Marketer kalkulierte Risiken ein, um eine sinnvolle KI-Einführung voranzutreiben. Wir sprachen mit einem Produktmanager bei einem globalen Pharmaunternehmen mit Sitz in Großbritannien, der die erforderliche Entschlossenheit beschreibt, um neue Methoden zu entwickeln:
„Wenn wir nichts anders machen als in den letzten vier oder fünf Jahren, werden wir wahrscheinlich keine anderen Ergebnisse erzielen.“
Eine positive Einstellung führt zu positiven Ergebnissen
Die Denkweise ist entscheidend. Die Art und Weise, wie wir über Dinge zu uns selbst sprechen, bestimmt letztendlich unser Verhalten. Wenn wir die richtige Einstellung zur KI-Implementierung haben, ist es wahrscheinlicher, dass wir ihr transformatives Potenzial nutzen.
Wir wissen, dass Führungskräfte, die auf KI setzen, beeindruckende Ergebnisse erzielt haben. Weltweit verzeichnen Unternehmen, die sich in den fortgeschrittensten Stadien der KI-Einführung befinden, ein Umsatzwachstum, das etwa 60 Prozent höher ist als bei Unternehmen, die gerade erst beginnen, KI-Grundlagen zu implementieren.1
Hier erfährst du, wie du diese Denkweise in die Tat umsetzen und dein Unternehmen mit KI transformieren kannst:
1. Arbeite mit KI als Partnerin: Sieh sie als Erweiterung deiner Fähigkeiten
Denk über deine täglichen Aufgaben und größeren Ziele nach. Welche sind die schwierigsten? Was hast du schon einmal versucht, aber nicht erreicht? Schau dir diese noch einmal an und überlege, wie KI dir helfen könnte. Berücksichtige auch deine Stärken. Was funktioniert bereits gut, und was kann mit KI um das Zehnfache verbessert werden?2. Lerne KI durch Ausprobieren: Praktisches Experimentieren schlägt endlose Planung
Nimm dir Zeit zum Üben. Probiere die Tools aus. Erwäge die Einrichtung von Experimentierteams, um die großen strategischen Fragen zu bearbeiten. Befreie dich vom Druck unmittelbarer Lieferfristen oder von Kund*innen, die Ergebnisse fordern. Und teile, was du gelernt hast!
3. Umgang mit der Ungewissheit bei KI: Finde die Balance zwischen Praktikabilität und Wachstum
Schaffe eine Kultur, in der Ausprobieren und Scheitern in Ordnung ist. Lerne aus dem, was nicht funktioniert, aber identifiziere auch die Projekte, die funktionieren, und schaffe Räume, in denen Entscheidungen zur Skalierung getroffen werden können. Diese Räume sollten Personen aus dem funktionsübergreifenden Team einschließen, die die Risiko-Nutzen-Bewertung spontan vornehmen können.
4. Proaktiv zum Geschäftserfolg beitragen: Treffe bewusste, nicht reaktive KI-Entscheidungen
Integriere KI in deine jährlichen Planungsgespräche. Dies kann als starker Katalysator dienen und Ideen anregen, wie KI dabei helfen kann, die Bereiche zu erschließen, die wirklich geschäftliche Herausforderungen angehen.
5. Mit KI neu denken: Optimiere nicht nur das Bestehende
Was ist der wahre Wettbewerbsvorteil deines Unternehmens, und wie tragt ihr – du und dein Team – dazu bei? Beginne mit einem leeren Blatt und entwirf, wie du diese Herausforderung heute mit allen verfügbaren Fähigkeiten lösen würdest.